Welchen Zweck erfüllen ESG-Kriterien in Unternehmen
Moderne Begriffe und Abkürzungen wie Great Reset, ESG und CSR gewinnen derzeit an Bedeutung für die gesamte Weltwirtschaft. Die aktuellen Entwicklungen des weltweiten Klimas sprechen eine klare Sprache: Bisherige politische Regulierungen reichen bei Weitem nicht aus, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen.
Schon 2023 wurde eines der wichtigsten Kriterien des Abkommens überschritten und die Erderwärmung überstieg in vielen Teilen der Welt die 1,5-Grad-Marke. So auch in Deutschland, was dem ohnehin angeschlagenen heimischen Wald weiterhin stark zusetzt.
In den vergangenen Jahrzehnten ließ der expansive Kapitalismus nur ein Ziel für Unternehmen zu: mehr Profit für Shareholder. Die Coronapandemie markiert den Eintritt in den Stakeholder-Kapitalismus und damit den Eintritt in neue Wirtschaftssysteme. Der Ansatz des Stakeholder-Kapitalismus bezieht nicht nur die Ziele der Shareholder in die Corporate Governance mit ein, sondern die Ziele aller Interessengruppen. So ermöglicht dieser Ansatz die Einführung von Environmental, Social and Governance Kriterien, kurz ESG.
Was sind ESG-Kriterien und CSR-Strategien?
Wer den aktuellen Diskurs zur nachhaltigen Unternehmensführung, ESG und Unternehmens-Verantwortung verfolgen und verstehen möchte, sollte zunächst ein paar zentrale Begriffe kennen:
- ESG steht für Environmental, Social and Governance und bildet somit einen Bereich der Unternehmensführung, der sich mit der unternehmerischen Nachhaltigkeitsleistung beschäftigt. Im Rahmen des ESG-Managements wird die unternehmenseigene Verantwortung gegenüber Mensch und Umwelt evaluiert. ESG-Beauftragte entwickeln Strategien zur Optimierung der Kriterien in den drei Bereichen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung.
- CSR, also die Corporate Social Responsibility, bezieht sich auf die Unternehmens-Verantwortung und beschreibt Beiträge zur nachhaltigen Entwicklung, die über gesetzliche Vorgaben hinaus getätigt werden. Seit 2017 müssen öffentlich relevante Konzerne in der Europäischen Union ihre CSR-Strategien gesetzlich verpflichtend offenlegen.
- Social Return on Investment, kurz SROI, ist ein Kennwert zur Berechnung des nachhaltigen Mehrwerts von Investitionen anstelle von rein monetären Unternehmens-Mehrwerten durch Investitionen wie beim Return on Investment Kennwert, kurz ROI.
- Der Great Reset ist ein Konzept des World Economic Forums, welches den wirtschaftlichen Wechsel hin zum Stakeholder-Kapitalismus nahelegt. Werden alle Interessengruppen von Unternehmen berücksichtigt, ist der Schutz der Umwelt eine notwendige Grundlage für eine produktive Wertschöpfungskette.
Was sind die Ziele einer ESG-orientierten Unternehmensführung?
Unternehmen können mit nachhaltigem ESG-Management SROI-Werte optimieren, um ein fundiertes Firmenimage zu etablieren und zukunftsgerichtet zu wirtschaften. Konzerne bleiben auf Dauer nur konkurrenzfähig, wenn sie Stakeholder-Interessen und Kriterien wie den Schutz der Umwelt und andere ESG-Kriterien in ihre Unternehmensplanung einbeziehen. Korruption und ökonomische Ausbeutung sollen unter Berücksichtigung von ESG effektiv eingedämmt werden. Die Corporate Social Responsibility, kurz CSR, ist im Zuge der wirtschaftlichen Reformen und Entwicklungen seit der Coronapandemie zu einem essenziellen Faktor für die zukunftsfähige Corporate Governance in Konzernen von öffentlichem Interesse herangewachsen.
Auch kleine und mittelständische Unternehmen übernehmen das CSR-Modell und erarbeiten unternehmensinterne Strategien zur Erfüllung von ESG-Kriterien. Die drei Kriterien Environmental, Social und Governance umfassen je nach Branche unterschiedliche Unternehmens-Bereiche, die transparent und im Interesse der Nachhaltigkeit ausgearbeitet werden sollten.
1. Welche ESG-Kriterien umfasst der Bereich „Environmental“?
Das ESG-Management im Bereich „Environmental“ beschäftigt sich mit Kriterien der möglichen Umweltbelastungen innerhalb der gesamten Wertschöpfungskette und darüber hinaus. Die Umweltbelastung eines Produkts liegt so lange in der Verantwortung des Herstellers, bis das Produkt vollständig zersetzt oder recycelt wurde. Auch Scope-3-Umweltbelastungen nach dem Modell des GHG Protocols für Emissionen müssen für eine nachhaltige Unternehmensführung erfasst werden. Das bedeutet, dass auch Belastungen während der Gebrauchsdauer und Belastungen durch die Entsorgung von Produkten zur Verantwortlichkeit der jeweiligen Produzenten gehören. Daraus ergeben sich je nach Branche unterschiedliche Aufgabenbereiche für ESG- und CSR-Beauftragte:
- Reduzierung von Emissionen in den Dimensionen Scope 1, 2 und 3 entsprechend des GHG-Protocols auf Net Zero Niveau
- Schutz von Wäldern und wilden Lebensräumen sowie Kompensation von wirtschaftlicher Rodung
- Nachhaltiges Ressourcenmanagement von endlichen Ressourcen
- Natur- und menschenfreundliches Abfall- und Giftstoffmanagement
2. Welche ESG-Kriterien umfasst der Bereich „Social“?
Der Social-Bereich der ESG-Kriterien bezieht sich auf die Unternehmensführung in Bezug auf Mitarbeiter, Rohstofflieferanten, Dienstleister, Kunden und die allgemeine Öffentlichkeit. Angelegenheiten wie faires HR-Management und zumutbare Arbeitsbedingungen in allen Teilen der Wertschöpfungskette sind diesem ESG-Kriterium zuzuordnen. Neben der allgemeinen Kundenzufriedenheit wird auch der Datenschutz von Kundendaten in dieser ESG-Kategorie bewertet. Außerdem fließt soziales CSR-Engagement wie die Unterstützung sozialer Projekte oder Förderung lokaler Gemeinden in diesen Bereich.
3. Welche ESG-Kriterien werden im Bereich Governance bewertet?
Das Governance-Kriterium betrifft die Unternehmensführung auf administrativer Ebene, von der Zusammensetzung der Geschäftsführung bis hin zur Lobbyarbeit. Volle Transparenz in diesem Bereich ist besonders relevant, um Korruption und Ausbeutung zu minimieren.
Verändert die Corporate Social Responsibility den Aktienmarkt?
Stakeholder-gebundene Unternehmen sind relativ sichere Aktieninvestments. Sie sind nicht nur auf die Interessen der Aktionäre fokussiert, sondern berücksichtigen auch die Bedürfnisse und Anliegen anderer Interessengruppen, wie Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten sowie die Gemeinschaft. Korruption, Umweltverschmutzung und andere Skandale können den Aktienkurs von Unternehmen rasend schnell beeinflussen. Stellen Unternehmen mit ESG ihre Corporate Social Responsibility sicher, sinkt das Risiko für plötzliche Kurseinbrüche. Ein funktionierendes ESG-Management wirkt sich also positiv auf SROI- und ROI-Bilanzen von Unternehmen aus.
Wie können Unternehmen wirtschaftliches ESG-Management betreiben?
Ein gutes ESG-Management führt zu sichereren Unternehmensstrukturen und mehr unternehmerischem Wachstum. Mit einem unabhängigem ESG-Rating durch Agenturen oder Beauftragte können Unternehmen exakt erfassen, in welchen Bereichen Belastungen durch wirtschaftliches Handeln entstehen. Um das Environmental-Kriterium für volle Unternehmensverantwortung zu erfüllen, ist eine Reduzierung von Emissionen auf Net Zero Standard unausweichlich.
Für eine nachhaltige Unternehmensführung müssen Unternehmen natürliche Rohstoffe in dem Maß bereitstellen, in welchem sie der Natur entnommen werden. Gleichzeitig müssen Emissionen und Schadstoffe in gleicher Menge aus der Umwelt gebunden werden, in welcher sie durch Herstellungsprozesse anfallen.
Welchen Effekt haben ESG-konforme Anlagestrategien?
ESG-konforme Anlagestrategien beziehen sich auf Investmentansätze, die alle ESG-Kriterien in den Entscheidungsprozess für Investitionen einbeziehen. Sie sollen langfristig nachhaltige Renditen erzielen, während sie gleichzeitig die Auswirkungen von Unternehmen auf Umwelt, Gesellschaft und Unternehmensführung berücksichtigen. Diese Strategien beruhen auf der Erkenntnis, dass die Berücksichtigung von ESG-Kriterien in der Bewertung von Unternehmen und Vermögenswerten auch langfristig finanzielle Risiken mindern und Chancen erschließen kann.
ESG-konforme Anlagestrategien umfassen verschiedene Ansätze:
- Ausschlusskriterien: Hierbei werden Unternehmen oder Sektoren von der Investition ausgeschlossen, wenn sie bestimmte ESG-Kriterien nicht erfüllen. Zum Beispiel könnten Unternehmen, die stark in umweltschädliche Aktivitäten involviert sind, von einer solchen Strategie ausgeschlossen werden.
- Best-in-Class-Ansatz: Hier werden Unternehmen ausgewählt, die in ihrer Branche führend sind, was ESG-Praktiken betrifft. Investoren wählen die Unternehmen aus, die in den relevanten ESG-Bereichen die besten Leistungen erbringen.
- Engagement und Stimmrechtsausübung: Investoren, die diesen Ansatz verfolgen, setzen sich aktiv mit den Firmen und Konzernen auseinander, um positive Veränderungen in Bezug auf ESG-Faktoren zu bewirken. Dies kann durch den Dialog mit dem Management oder die Ausübung von Stimmrechten geschehen.
- Themenorientierte Anlagen: Diese Strategie konzentriert sich auf Geschäftsfelder wie erneuerbare Energien, sauberes Wasser oder soziale Gleichstellung. Investitionen werden gezielt in Unternehmen getätigt, die einen positiven Beitrag zu diesen Themen leisten.
- Impact Investing: Hierbei werden Investitionen in Unternehmen oder Projekte getätigt, die gezielt soziale oder ökologische Probleme angehen und dabei finanzielle Renditen erzielen wollen.
Wer bewertet ESG-Kriterien und -Maßnahmen von Unternehmen?
Die Bewertung von Environmental-, Social- und Governance-Maßnahmen (ESG), die Unternehmen ergreifen, ist heutzutage von großer Bedeutung. Eine Vielzahl von Nachhaltigkeits-Ratingagenturen hat sich darauf spezialisiert, die Nachhaltigkeits-Bemühungen von Unternehmen zu bewerten. Anders als bei herkömmlichen Finanzratings stehen hier nicht die Investoren im Fokus, sondern die Kunden und Interessengruppen, die ein zunehmendes Bewusstsein für nachhaltiges Wirtschaften haben. Zu den namhaften Akteuren in diesem Bereich gehören Agenturen wie ISS ESG und Sustainalytics.
Darüber hinaus bieten auch etablierte Analyseunternehmen wie Thomson Reuters und Bloomberg ihre eigenen ESG-Ratings an. Diese Organisationen verwenden verschiedene metrische Techniken und Methoden, um die ESG-Leistung der Unternehmen zu messen und zu bewerten. Die Vielfalt der Ansätze spiegelt die Komplexität und Vielschichtigkeit von ESG-Faktoren wider, die von Umweltauswirkungen über soziale Verantwortung bis hin zu Unternehmensführung reichen.
Viele Nachhaltigkeits-Rating-Agenturen vergeben Zertifikate, um die positiven ESG-Bemühungen von Unternehmen zu würdigen. Diese Zertifikate dienen als sichtbarer Beleg für das unternehmerische Engagement im Bereich der Nachhaltigkeit. Die Agenturen nutzen diese Auszeichnungen, um die unternehmerischen Anstrengungen in den Bereichen Environemntal, Social und Governance zu belohnen und hervorzuheben.
Solche Zertifikate können in Form von ESG-Rankings, Ratings oder Nachhaltigkeitssiegeln verliehen werden, die die Anerkennung der Agenturen für die vorbildlichen Nachhaltigkeits-Leistungen der Unternehmen unterstreichen. Dies ermöglicht Unternehmen, ihre verantwortungsbewussten Bemühungen einem breiteren Publikum zu präsentieren und gleichzeitig das Vertrauen von Kunden, Investoren und anderen Interessengruppen zu gewinnen.
Können Unternehmen durch ESG-Management der Umwelt etwas zurückgeben?
Kohlenstoffdioxid ist das einzige Treibhausgas, das sich aus der Atmosphäre binden lässt. Eine effektive Dekarbonisierungstechnik steht uns schon heute zur Verfügung: gesunde Wälder und Moore. Der Wald ist einer der wichtigsten CO2-Speicher auf unserem Planeten, daher ist die Erhaltung heutiger Waldflächen so bedeutend für das Klima der Zukunft. Die direkte Unterstützung von Aufforstungsprojekten schafft außerdem sichtbare Ausgleiche für anfallende Emissionsüberschüsse. Auch die Rohstoffgewinnung durch Abholzung im Scope 1, Scope 2 oder Scope 3 Bereich kann durch Aufforstung an anderer Stelle vollständig ausgeglichen werden, sofern Kulturflächen und keine Urwaldflächen von der Rodung betroffen sind. Das ESG-Management von Unternehmen ist so vielfältig wie die Produktions- und Unternehmensstrukturen auf dem weltweiten Markt. ESG-Modelle können durch Engagement in den Bereichen Umwelt und Gesellschaft ergänzt werden, um unvermeidliche Belastungen auszugleichen.
Welche ESG-Kriterien werden durch die Unterstützung von Aufforstungsprojekten erfüllt?
Der deutsche Wald ist ein wichtiger Rohstofflieferant, CO2-Speicher und Erholungsraum für Mensch und Natur. Unternehmen können ihre ESG-Bilanz mit der Unterstützung von regionalen Aufforstungsprojekten in vielen Bereichen optimieren:
- Wälder sind lebendige CO2-Speicher. Ein Hektar Buchenwald bindet Angaben des Bundesinformationszentrums zufolge etwa 12 Tonnen CO2 jährlich. Für eine Net Zero ESG-Strategie ist die Wiederherstellung von Waldflächen nahezu unerlässlich.
- Wälder sind wichtige Erholungsgebiete für Ballungsräume und tragen zur allgemeinen Gesundheit der Menschen in der umliegenden Region bei. Ihr Schutz bedeutet Schutz von Arbeitsplätzen und natürlichen Erholungsräumen für die jeweilige lokale Bevölkerung.
- Der Wald dient als Lebensraum für viele Wildtiere, von kleinen Insekten bis hin zu großen Säugetieren. Vor allem wilde Raubtiere wie Dachse, Nager, Eulen und Luchse sind von schwindenden Waldflächen in Deutschland bedroht. Die systematische Aufforstung mit klimabeständigen Baumarten sichert den Lebensraum für unsere heimischen Wahrzeichen. Unternehmen, die durch Rodung oder Bebauung Lebensräume zerstören, können diesen ESG-Faktor mit sinnvollen Naturschutzprojekten und Aufforstung ausgleichen.
Fazit: Ist ESG die Chance für faire Unternehmensführung?
Mit dem ESG-Konzept wird ein Rahmen für Unternehmen geschaffen, um ihren sozialen und ökonomischen Mehrwert messbar und vermarktbar zu machen. Sogenanntes „Greenwashing“ anderer Unternehmen schmälert so nicht mehr den Mehrwert eigener Bemühungen für Mensch und Umwelt. Mit belegbaren ESG-Strategien steigern Unternehmen ihren Wert für sämtliche Stakeholder und sichern ihren eigenen Marktwert im sich wandelnden Kapitalismusmodell.
Die Unterstützung von Aufforstungsprojekten ist für Unternehmen in jeder Größe ein wichtiges Tool für effektives ESG-Management, da die Aufforstung verschiedene ESG-Kriterien zugleich abdecken kann.
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