Was sagen Scopes 1 – 3 über die Klimabilanz von Unternehmen aus?
Effektiver Klimaschutz ist nicht nur eine politische, sondern im gleichen Maße eine wirtschaftliche Angelegenheit. Im Pariser Klimaabkommen 2015 wurden Grenzen für die maximale Erderwärmung festgelegt. Steigt die Durchschnittstemperatur auf dem Planeten bis zum Jahr 2050 auf mehr als 1,5 Grad, sind Mensch, Natur und Wirtschaft weltweit laut einem Sonderbericht des Weltklimarates massiv gefährdet. In vielen Teilen der Welt würde sich das Leben schon bei einer Erwärmung von 2,0 Grad katastrophal verändern. Im Pariser Klimaabkommen wurde dieses Ziel als Maximum festgelegt. Derzeit steht die Prognose der Weltwetterorganisation WMO in Genf schlecht: Schon 2026 könnte die Grenze von 1,5 Grad Erwärmung erstmals erreicht werden. Die jährliche Reduktion von Emissionen muss um ein Vielfaches angehoben werden, um den Planeten in den kommenden Jahrzehnten bewohnbar zu halten. Ein Net-Zero-Standard kann dann erreicht werden, wenn Betriebe ihre Emissionen nicht nur in den Bereichen Produktion und Transport reduzieren. Verschiedene Emissionskategorien bzw. Geltungsbereiche – sogenannte Scopes – werden zur Berechnung der tatsächlichen zu kompensierenden CO2-Menge herangezogen.
Wie werden Scopes festgelegt?
Das Greenhouse Gas Protocol oder GHG-Protocol ist ein internationaler Standard zur Berechnung von Emissionen, der wegweisend für Unternehmen weltweit ist. Die drei Geltungsbereiche bzw. Scopes zur Berechnung des gesamten CO2-Ausstoßes von betrieblichen Aktivitäten in verschiedenen Unternehmensbereichen werden im Corporate Standard des GHG ausführlich beschrieben. Sie zielen darauf ab, einen einheitlichen Rahmen für Unternehmen weltweit zu liefern, um das Treibhauspotenzial von Unternehmen zu erfassen und Strategien zur Reduktion und zur Kompensierung zu entwickeln.
Was ist der Unterschied zwischen Corporate Carbon Footprint und Product Carbon Footprint?
Das GHG-Protokoll und die darin definierten Scopes 1 bis 3 beschreiben hauptsächlich den Corporate Carbon Footprint. Damit sind alle Emissionen erfasst, die durch die Produktion von Waren oder das Angebot von Dienstleistungen entstehen. Scopes 1 bis 3 erfassen somit alle Emissionen von Produkten von der Herstellung bis zur vollständigen Zersetzung. Zur Berechnung beider Werte werden nicht nur Emissionen von Kohlenstoffdioxid herangezogen, sondern auch andere Treibhausgasemissionen wie Methan werden dem CO2-Wert hinzugerechnet. Nicht erfasst werden Umweltschäden durch chemische Verschmutzungen oder Plastik, die Rodung von Land und der Wasserverbrauch von Unternehmen. Mit den drei Scopes des GHG-Protokolls können also nicht sämtliche Umwelteinflüsse von Unternehmen erfasst werden. Das System bietet jedoch eine überprüfbare Grundlage, um die Menge an Emissionen in Unternehmen besser erfassen und kontrollieren zu können.
Welche Emissionen werden mit Scope 1 erfasst?
Scope 1 umfasst alle direkten Emissionen, die bei der Betriebsführung anfallen. Dazu gehören Emissionsquellen wie der Energieverbrauch in Fabriken, Fahrzeugemissionen für Transportmaßnahmen oder die Emissionen für die Heizung im Büro. Kurzum umfasst Scope 1 den gesamten Ausstoß aus Emissionsquellen, die im Besitz des Unternehmens sind. In vielen Tätigkeitsbereichen fallen im Scope 1 die meisten Emissionen an. Gerade in diesem Bereich lassen sich Emissionen aber nur durch tiefgreifende Veränderungen von Unternehmensstrukturen reduzieren. Scope 1 Emissionen stammen per Definition aus Quellen, die direkt von Unternehmen kontrolliert werden. CO2-Reduktionen im Scope 1 können deshalb direkt und ohne Zeitverzögerung vorgenommen werden. Weitere Beispiele für Scope 1 Emissionen sind:
- Sämtliche Emissionen des eigenen Fuhrparks, wie Einsatzfahrzeuge von Feuerwehr und Krankenhaus, Rettungshelikopter, Gabelstapler und Lieferfahrzeuge
- Emissionen aus am Standort genutzten Energieträgern wie Kühl- und Brennstoffe und Betrieb von Heizöfen und Brennkesseln
Welche Emissionen umfasst Scope 2 des GHG-Protokolls?
Scope 2 umfasst sämtliche durch Energieverbrauch anfallende Emissionen. Dazu gehören Emissionen, die durch eingekaufte Fernwärme, Strom und Kühlungssysteme entstehen. Die berechneten Treibhausgasemissionen in Scope 2 fallen also nicht durch Aktivitäten direkt am Unternehmensstandort an. Energieunternehmen und Unternehmen mit selbstständiger dezentraler Energieversorgung listen eigene Brennstoffe unter Scope 2. Würde ein Unternehmen seine Energie vollständig aus CO2-neutralen Quellen beziehen, könnten Scope 2 Emissionen theoretisch zu 100 Prozent eingespart werden. Alternativ zur Anpassung des Energieanbieters kann auch der Energieverbrauch selbst gesenkt werden, zum Beispiel:
- Einsparen von Energie durch die Reduzierung von Außen- und Innenbeleuchtung am Unternehmensgebäude, Beleuchtung von Werbeschildern oder Firmenlogos.
- Herunterfahren von betrieblichen Kühlsystemen und Klimaanlagen oder eine Verbesserung der Logistik in Kühlräumen zur effizienteren Energienutzung.
- Einschränkung des dauerhaften Betriebs von Drehtüren und Rolltreppen zum Sparen von Energie.
- Da sich die Scope 2-Emissionen aus der Nutzung von Fremdenergie berechnen, können Unternehmen durch die Auswahl grüner Stromanbieter anstelle von fossilen Energieträgern Scope 2-Emissionen reduzieren.
Welche Emissionen werden mit Scope 3 berechnet?
Scope 3 ist ein Berechnungsstandard für Emissionen aus indirekten Unternehmensaktivitäten wie Investitionen, ausgelagerten Aktivitäten oder Geschäftsreisen. Auch die Mitarbeitermobilität und der Energieverbrauch in vermieteten Immobilien fließt in diesen Scope in die CO2-Bilanz ein. Die Kategorie umfasst also sämtliche Emissionen, die im Laufe der Wertschöpfungskette außerhalb des Unternehmens entstehen. Hier spielt außerdem der Product Carbon Footprint eine Rolle:
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- Scope 3 umfasst Emissionen, die durch die Produktion und den Transport von eingekauften Gütern entstehen.
- Das GHG-Protokoll beschreibt insgesamt 15 Kategorien für Scope 3 Emissionen. Darunter fällt auch Kategorie 11 zu Emissionen verkaufter Produkte. Scope 1 und Scope 2 Emissionen des Endverbrauchers können auf diese Weise zur CO2-Bilanz hinzugerechnet werden. Dazu müssen Unternehmen die durchschnittlichen Emissionen jedes im Meldejahr verkauften Produkts ermitteln.
Wie umfänglich ist die Emissionsberechnung mithilfe der drei Scopes des GHG-Protokolls?
Ein grünes Siegel verleiht sich inzwischen nahezu jedes Unternehmen, oft ohne überprüfbare Grundlage. Dabei macht es für das Klima einen großen Unterschied, ob Unternehmen klimafreundlich, CO2-neutral oder treibhausgasneutral agieren. Das GHG-Protokoll und die darin enthaltenen Scopes werden von weltweit agierenden Marktführern wie Google, Meta, Walmart und IKEA finanziert und gefördert. Analysen öffentlicher Emissionsberichte von Großunternehmen zeigen jedoch, dass der gegebene Spielraum der Scopes für Unternehmen teilweise stark ausgenutzt wird. So können Unternehmen die durchschnittliche Nutzungsdauer von Produkten selbst festlegen, ebenso wie die in Scope 3 einzuberechnenden Kategorien. Je offener und umfänglicher Unternehmen ihre Tätigkeiten und die damit einhergehende CO2-Produktion im Rahmen der Scopes kommunizieren, desto glaubwürdiger erscheint ihre Klimabilanz.
Schaffen die GHG-Protokoll Scopes mehr Transparenz im Klimaschutz?
Um eine Net-Zero Wirtschaft zu erreichen, müssen sämtliche von Unternehmen verursachten Emissionen möglichst exakt und einheitlich erfasst werden. Die drei Scopes des GHG-Protokolls dienen als Basis für eine universelle Bemessungsgrundlage von Emissionen. In der Praxis bleibt für Unternehmen jedoch zu viel Spielraum bei der Berechnung. Optimal wäre die Scope-Berechnung durch unabhängige Beobachter, die für jedes Unternehmen die gleichen Standards ansetzen. Für Unternehmen bieten die drei Scopes jedoch umfängliche Möglichkeiten, um die eigene CO2-Bilanz genau zu erfassen. Bei einheitlicher Standardisierung lässt sich die tatsächliche Klimafreundlichkeit von Unternehmen außerdem international und branchenübergreifend vergleichen.
Wie können Unternehmen durch Scopes einen Net-Zero-Standard erzielen?
Um tatsächlich klimaneutral zu wirtschaften, müssen Unternehmen weltweit sowohl direkte als auch indirekte Emissionen erfassen und auf einen Nullwert reduzieren. Dieses ambitionierte Ziel kann durch Modernisierungen erreicht werden. Zum Beispiel durch den Austausch von Emissionsquellen wie Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor durch Elektrofahrzeuge. Ohne Kompensation von CO2-Emissionen ist Net-Zero jedoch auch für modernste Unternehmen nicht zu erreichen. Da Produktion, Transport und Energieversorgung moderner Fahrzeuge außerhalb des Unternehmens CO2 verursachen, müssten laut GHG-Protokoll auch diese Emissionen zur CO2-Bilanz hinzugerechnet werden. Die Zusammenarbeit mit klimaneutralen Unternehmen wirkt sich im System der Scopes 1 – 3 auch auf die eigene CO2-Bilanz aus.
Wie kann der deutsche Wald dazu beitragen, das Klimaziel zu erreichen?
Der deutsche Wald spielt eine entscheidende Rolle bei der Erreichung der Klimaziele, indem er dazu beiträgt, CO2 zu speichern und die Luft zu reinigen. Als bedeutende Kohlenstoffsenken nehmen die Wälder CO2 aus der Atmosphäre auf und wandeln es in Biomasse um, was vor allem zur Reduzierung von Scope 1-Emissionen beitragen kann. Unternehmen können durch nachhaltiges Forstmanagement und Aufforstungsmaßnahmen ihren Carbon Footprint verbessern, indem sie zur Erhaltung und Erweiterung des Waldes beitragen. Eine intakte Waldlandschaft unterstützt nicht nur die Klimabilanz von Unternehmen, sondern fördert auch die Biodiversität und den Schutz der Natur. Durch die Kooperation mit Klimaschutzprojekten im Zusammenhang mit Wiederaufforstung oder Waldschutz können Unternehmen darüber hinaus ihre Scope 3-Emissionen kompensieren und somit einen wichtigen Beitrag zum Net-Zero-Standard leisten. Der Erhalt des deutschen Waldes ist somit eine entscheidende Maßnahme, um den CO2-Ausstoß zu reduzieren und die Klimaziele zu erreichen.
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